Viadukt

Saugrabenviadukt der Mariazellerbahn

Viadukt (der oder das; Schweiz, Österreich nur: das Viadukt) von lateinisch via „Weg“ und ductus „Führung, Leitung“, also etwa „Überführung“, ist eine neoklassische Wortbildung, orientiert an Aquädukt (röm. Wasserleitung).[1] Als Viadukt werden mehr oder minder hohe und lange Brücken für Eisenbahnen, aber auch Straßenbrücken bezeichnet, die ähnlich wie ein Aquädukt aus mehreren Brückenfeldern bestehen – insbesondere wenn sie mit Bögen auf Pfeilern steigungsarm über ein Tal oder eine Senke hinwegführen. Als Viadukte werden auch die aufgeständerten Trassen von Hochstraßen und Hochbahnen bezeichnet, unabhängig davon, ob die Trassen über eine Bogenreihe oder eine andere Konstruktion geführt werden.

Geschichte

Viadukt in Gotha (Stahlstich von 1848)
Viadukt in Apolda (Bauende 1846)

Bereits im Altertum, vor allem im Imperium Romanum, wurden zahlreiche Viadukte errichtet. Aber erst mit dem Bau von Eisenbahnen setzte um 1830 wieder verstärkt der Bau und Gebrauch derartiger Bauwerke ein. Aus der Antike gibt es neben den bedeutenden, auf einer Höhe verlaufenden Aquädukten noch die gewölbten Viadukte der Via Praenestina zwischen Rom und Gabii mit Halbkreisgewölben und Pfeilern aus Tuffquadern sowie die der Via Appia bei Aricia. Der südfranzösische Pont Serme erreichte eine beachtliche Länge von 1500 Metern,[2] ist aber außer Fundamenten aus der Landschaft verschwunden.

Definition

Leubnitzviadukt, Ziegelbau von 1845

Es gibt keine allgemeingültige Definition des Begriffes Viadukt. Jeder Viadukt ist auch eine Brücke und wird aus bautechnischer Sicht zusammen mit Brücken in dieselben Kategorien eingeteilt (Bogenbrücken, Balkenbrücken usw.). Aspekte sind:

  • die Mehrfeldrigkeit – Üblicherweise werden nur Brücken mit mehreren Stützen als Viadukt bezeichnet.
  • die Art des zu überwindenden Hindernisses – Brücken, die überwiegend Wasser überqueren, werden üblicherweise nicht als Viadukt bezeichnet.[3]

Ein Viadukt wird in der Regel von keinem Hauptbogen bestimmt, sondern besteht aus mehreren meist gleichmäßigen Bögen oder Öffnungen. Selbst wenn er eine Hauptöffnung hat, macht diese nur einen kleinen Teil der Gesamtlänge des Viadukts aus. In Einzelfällen wird auch eine Folge aneinander gebauter Brücken zusammen als ein Viadikt bezeichnet. So besteht beispielsweise der Lorraineviadukt in Bern aus vier hintereinander folgenden Brücken.

Gemäß Duden ist der Begriff Viadukt auch ein Synonym für Talbrücke und Überführung.

Übersicht

Viadukte werden aus Stein, Ziegeln, Beton, Stahl oder Holz gebaut. Im engeren Sinn versteht man unter Viadukten auch die kleineren Überführungen und Unterführungen von Straßen oder Eisenbahnen mit einer bis drei Öffnungen, welche überwölbt oder mit eisernen, auf steinernen Pfeilern ruhenden, massiv gewalzten oder aus Blech und Fassoneisen zusammengesetzten Trägern überspannt sind. Steinerne Viadukte haben zumeist Halbkreisgewölbe, schlanke Pfeiler und mit zunehmenden Höhen zwei, drei oder vier Ebenen, die durch Zwischengewölbe gebildet werden. Entweder sind die Zwischenpfeiler gleich stark oder schwächer. Gruppenpfeiler sind dann vorhanden, wenn mehrere Zwischenpfeiler sich mit stärkeren Pfeilern abwechseln.

Arten

Steinerne Viadukte (Auswahl)

Luhetal-Viadukt im Flecken Greene
Salcanobrücke der Wocheinerbahn
Bau des Wiesener Viadukts, um 1906
  • Der Willinger Viadukt ist eine elfbogige, 294 m lange und 31 m hohe Eisenbahnbrücke der Uplandbahn.
  • Die Ravennabrücke im Höllental ist 58 m hoch und 225 m lang. Die Bogenweite der acht Bögen beträgt je 20 Meter. Der Eisenbahnviadukt wurde 1927/28 errichtet.
  • Der Ruhr-Viadukt bei Herdecke ist etwa 30 m hoch.
  • Der Ruhr-Viadukt bei Witten ist 716 m lang.
  • Der Altenbekener Viadukt wurde 1853 eingeweiht.
  • Der Burtscheider Viadukt von 1840 ist eine der ältesten noch genutzten Eisenbahnbrücken Deutschlands.
  • Der Negrelli-Viadukt (erbaut 1848) in Prag war mit 1111 m lange Zeit der längste Viadukt in Europa.
  • Der Desenzanoviadukt bei Verona ist einstöckig und weist eine Höhe von 60 m auf.
  • Der Viadukt Puente Nuevo in Ronda, Spanien, ist 120 m hoch.
  • Den Lockwoodviadukt in England zeichnen seine Pfeiler mit einem Schlankheitsgrad von 1/30 aus.
  • Der 450 Meter lange Ouse Valley Viaduct, ebenfalls in England, wurde aus Ziegelsteinen gemauert.
  • Der Viadukt über das Elstertal in Sachsen ist zweistöckig und weist eine Höhe von 69,75 m auf.
  • Der 1940 zerstörte Viadukt über das Göhltal bei Aachen war zweistöckig.
  • Der Viadukt von Chaumont ist dreistöckig und weist eine Höhe von 50 m auf.
  • Der Viadukt der Göltzschtalbrücke bei Reichenbach im Vogtland in Sachsen ist teilweise vierstöckig, war bei seinem Bau mit 80,37 m die höchste Eisenbahnbrücke der Welt und gilt bis heute als größte Ziegelsteinbrücke.
  • Einige Viadukte der Semmeringbahn weisen auch zusätzlich eine Krümmung im Grundriss auf.
  • Die Wiener Stadtbahnbögen entlang des Wiener Gürtels wurden als eigene Verkehrsebene für den Öffentlichen Nahverkehr errichtet. Heute hat sich in den Bögen eine rege Lokal-Szene entwickelt. Als Vorbild hierzu dienten die etwas älteren Berliner Stadtbahnbögen.
  • Der Himbächel-Viadukt der Odenwaldbahn.
  • Der Landwasserviadukt der Rhätischen Bahn.
  • Der Hoxeler Viadukt der Hunsrückquerbahn.
  • Der Viadukt von Bolesławiec (Bunzlau) in Polen über den Bober ist 450 m lang und wurde von 1844 bis 1846 erbaut.
  • Der gemauerte Bogen der Salcanobrücke auf der Wocheinerbahn ist mit einer Spannweite von 85 m der größte jemals für einen Viadukt gebaute Bogen.
  • Über die beiden Viadukte bei Plein (Eifel) führt heute ein Radweg.
  • Der Viadukt in Apolda ist 95 m lang, 23 m hoch und wurde am 2. Dezember 1846 fertiggestellt. Die Einweihungsfeier fand am 16. Dezember 1846 statt.
  • Der Bietigheimer Eisenbahnviadukt (Wahrzeichen der Stadt Bietigheim) wurde von 1851 bis 1853 nach einem Entwurf von Karl Etzel erbaut. Bei einer Höhe von ca. 30 m und einer Spannweite von 287 m verfügt er über 21 Bögen. Er stellt die Verbindung zwischen Bietigheim-Bissingen und Bruchsal sicher.
  • Die zweite Lorzentobelbrücke im Kanton Zug (Schweiz) wurde 1910 als Bogenviadukt erbaut. Er hat eine Länge von 187 m und eine maximale Höhe von 58 m.
  • Die Stadtbahntrasse in Berlin ist ein über 8 km langer Steinviadukt, der zwischen 1875 und 1882 errichtet wurde. Der Viadukt ist das längste Baudenkmal Deutschlands.[4]
  • Der Luxemburger Viadukt über die Petruss, auch Passerelle oder Alte Brücke genannt, wurde von 1859 bis 1861 erbaut.
  • Der Luxemburger Viadukt Pulvermühle, eine Eisenbahnbrücke über die Alzette, wurde 1862 eingeweiht.
  • Der Castielertobel-Viadukt der Arosabahn von 1914 (1942 umgebaut).
  • Der Hetzdorfer Viadukt, gebaut 1866–1868, war mit einer Höhe von 42 m die höchste einetagige (einstöckige) Brücke der Deutschen Reichsbahn.[5]

Eiserne Viadukte (Auswahl)

Verrugas-Viadukt
Kübelbachviadukt der Bahnstrecke Eutingen im Gäu–Schiltach bei Dornstetten-Aach
Viaduct de Garbit

Eiserne Viadukte weisen meist steinerne Pfeiler auf (wie der Viadukt bei Znaim) oder eiserne Pfeiler auf steinernen Sockeln (wie der Crumlinviadukt bei Newport in Südwales, der Saaneviadukt bei Freiburg im Üechtland, die Viadukte der Orleansbahn bei Baufseau d’Ahun und über die Cere, die erste Eisenbahnbrücke von Castellaneta von 1868 (1929 abgebrochen) über die Gravina Grande di Castellaneta bei Castellaneta sowie der Pfrimmtalviadukt bei Marnheim in der Pfalz).

Viadukte aus Holz

Viadukte aus Holz hatten eine geringe Bedeutung und waren meist nur eine Zwischenlösung, da sie leicht durch den Funkenflug von Dampflokomotiven Feuer fingen und abbrannten. Dennoch wurden sie gebaut, da sie kostengünstig in der Errichtung waren. Als historische Beispiele können die abgebrannten Viadukte über den Genesee River bei Portageville in den Vereinigten Staaten mit 57,4 m hohen Holzpfeilern und die Viadukte über die Msta in Russland mit 21,34 m hohen Holzpfeilern, beide auf gemauerten Sockeln, genannt werden.

Viadukte aus Stahl- und Spannbeton (Auswahl)

Langwieser Viadukt der Arosabahn

Kreisviadukt

Kreisviadukt von Brusio
Rendsburger Schleife

Eine besondere Form des Viadukts ist der Kreis- oder Kreiskehrviadukt. Er bewältigt ähnlich einem Kreiskehrtunnel einen Höhenunterschied, wobei die Höhendifferenz im Freien (auf dem Viadukt) und nicht im Berg überwunden wird.

Als berühmteste Bauwerke dieser Art gelten der Kreisviadukt von Brusio im Verlauf der Berninabahn und Teile der – Rendsburger Schleife genannten – nördlichen Zufahrt der Rendsburger Hochbrücke.

Hangviadukt

Pündericher Hangviadukt

Ein Hangviadukt schafft eine – gegebenenfalls schiefe – Ebene an einem Berghang, auf der ein Verkehrsweg errichtet werden kann. Eventuelle Einschnitte an der Hangflanke werden eher „nebenbei“ überbrückt. Der längste Hangviadukt in Deutschland befindet sich bei Pünderich an der Mosel. Über ihn verläuft die Trasse der Moselstrecke.

Ähnliche Bauwerke

Sonstiges

Viadukte waren beliebte Motive in den Bildern Lyonel Feiningers.

Weblinks

Wiktionary: Viadukt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Viadukte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Wiadukt kolejowy w Bolesławcu (Der Eisenbahnviadukt in Bunzlau). Abgerufen am 15. August 2021.
  • Structurae – Internationale Datenbank für Ingenieurbauwerke. Abgerufen am 15. August 2021.

Einzelnachweise

  1. „Viadukt“, in: Wolfgang Pfeifer et al.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 15. August 2021.
  2. Colin O’Connor: Roman Bridges. Cambridge University Press, Cambridge 1993, ISBN 0-521-39326-4, S. 99.
  3. „Viadukt“, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Bibliographisches Institut, Leipzig und Wien 1909, S. 132. Abgerufen am 15. August 2021.
  4. Eintrag in die Berliner Landesdenkmalliste. (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive)
  5. Reichsbahndirektion Dresden (Hrsg.): Neubauabschnitt Hetzdorf an der Sachsenmagistrale Görlitz-Plauen (Vogtl.). Dresden 1992
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4362447-9 (lobid, OGND, AKS)