Sinter

Dieser Artikel erläutert ein Karbonatgestein; zum gleichnamigen Zuschlagsstoff für die Eisenverhüttung siehe Möller; zum gleichnamigen Eisenoxidgemisch, das in der Stahlindustrie beim Entzundern von heißen Stahloberflächen mit Spritzwasser entsteht, siehe Zunder; für andere Bedeutungen siehe Sinterung.
Sinterterrassen in Pamukkale, Türkei

Sinter (von althochdeutsch sintar ‚Schlacke‘; in der Geomorphologie auch Dauch) ist die Substanz bzw. das Gestein, das durch eine allmähliche mineralische Ablagerung entsteht („Versinterung“), insbesondere eine Kalkablagerung.

Entstehung

Tropfsteinbildung

Sinter bildet sich durch Abscheiden (Kristallisation) von in Wasser gelösten Mineralen, also in Gewässern, Wasserleitungen und -behältern oder in feuchtem Milieu. Er bildet krustenförmige Überzüge

  • im Gelände – an Hängen, Geländestufen oder Terrassen (Sinterterrasse)
  • und entsteht in vielfältiger Form in Höhlen, Bergwerken und feuchten Stollen als Speläothem (Höhlensinter), von Sinterhäutchen bis hin zu mächtigen Bänken,
  • wenn mineralhaltiges Wasser auf den Boden tropft und im Laufe der Zeit einen Stalagmit ausbildet.

Chemisch handelt es sich unspezifisch um Alkali- und/oder Erdalkalimetall-Salze von diversen anorganischen, aber auch organischen Säuren mitsamt verschiedenen Beimischungen. Petrologisch gehört Sinter zu den Sedimentiten. In der Biologie spricht man bei Sinter von Inkrustation.

Die an der Entstehung beteiligten chemischen Vorgänge sind eingehend bei Wasserhärte#Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht beschrieben.

Formen

Sinterüberzug in der Grube Eisenberg
Rezente Sinterbildung in der Wutachschlucht. Die Moose entziehen dem Wasser Kohlenstoffdioxid, es kommt zur Ausfällung von Kalk.

Mineralische Ablagerungen von relativ reiner Zusammensetzung in der Natur sind:

Mineralausprägungen wie Quarz-Adern in anderen Gesteinen, Achat, Drusen (Geoden) können als Sonderfall betrachtet werden.

Salzgesteine (Evaporite), insbesondere Steinsalz (Halit) sind streng genommen auch Sinter, doch ist die Bezeichnung hier nicht gebräuchlich.

Die Konkretion, ein durch Fällung entstandener Stein, etwa Raseneisenstein, kann Formen der Versinterung annehmen.

In der Technik werden folgende Ablagerungen als Sinter bezeichnet:

  • Unterirdische Kalksinterbildung in feuchtem Stollen; ähnlich in alten Mauern und rissigem Beton
    Unterirdische Kalksinterbildung in feuchtem Stollen; ähnlich in alten Mauern und rissigem Beton
  • Sinterablagerungen an einem römischen Aquädukt
    Sinterablagerungen an einem römischen Aquädukt
  • Kalksinterterrasse in Unterdrackenstein (Schwäbische Alb)
    Kalksinterterrasse in Unterdrackenstein (Schwäbische Alb)
  • Kalksinterstufen der Lillach bei Weißenohe (Fränkische Schweiz)
    Kalksinterstufen der Lillach bei Weißenohe (Fränkische Schweiz)
  • Kalktuffnase am Schäffelbach in Kremsmünster (Oberösterreich)
    Kalktuffnase am Schäffelbach in Kremsmünster (Oberösterreich)

Besondere natürliche Vorkommen

Wirtschaftliche Nutzung

Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird die Sinterbildung vom Unternehmen Fontaines pétrifiantes de Saint-Nectaire im französischen Ort Saint-Nectaire für die Herstellung von Objekten genutzt.[7] Produziert werden beispielsweise Reliefs.

Siehe auch

Wiktionary: Sinter – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Versinterung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Mineralienatlas:Sinter

Einzelnachweise

  1. Hans Murawski, Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage, Spektrum, Heidelberg 2010, S. 153.
  2. Radim Kettner: Allgemeine Geologie. Band 2: Zusammensetzung der Erdkruste, Entstehung der Gesteine und Lagerstätten. Berlin 1959, S. 98.
  3. Hans Murawski, Wilhelm Meyer: Geologisches Wörterbuch. 12. Auflage, Spektrum, Heidelberg 2010, S. 61.
  4. Johannes Baier: Geohistorische Bemerkungen zum Vulkanfeld der Schwäbischen Alb. In: Geohistorische Blätter 31 (2020), H. 1/2, S. 39–64, ISSN 1436-3135.
  5. Johannes Baier: Karlsbad – Stadt der Thermen und Sinter. In: Fossilien 30 (2013), S. 24–28.
  6. Johannes Baier: Goethe und die Thermalquellen von Karlovy Vary (Karlsbad, Tschechische Republik). In: Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 94 (2012), S. 87–103
  7. Philippe Gloaguen, et al.: Le Routard – Le guide de la visite d'entreprise. Nr. 79/0425/0. Hachette Livre, Vanves 2016, ISBN 978-2-01-323703-1, S. 236 f. 
Normdaten (Sachbegriff): GND: 4303698-3 (lobid, OGND, AKS)