Schwingel

Dieser Artikel behandelt eine Pflanzengattung. Zu deutschen Filmproduzenten siehe Ralph Schwingel und Sascha Schwingel.
Schwingel

Schaf-Schwingel (Festuca ovina agg.), Illustration

Systematik
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Pooideae
Gattung: Schwingel
Wissenschaftlicher Name
Festuca
L.

Die Schwingel (Festuca) sind eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae). Die Gattung Festuca ist mit etwa 650[1] Arten fast weltweit verbreitet (Kosmopolit).

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Festuca-Arten sind krautige Pflanzen. Sie sind ausdauernd. Sie bilden Horste oder wachsen rasenförmig.

Die Laubblätter sind gefaltet, eingerollt oder flach. Die Blattscheiden sind offen oder geschlossen. Die Halme sind unverzweigt, aufrecht oder bogig bis gekniet aufsteigend.[2][3] Die Ligula ist ein häutiger oft eingerissener oder zerfranster Saum.[3] Die Blattspreiten sind in der Knospenlage zusammengerollt oder gefaltet.[3]

Generative Merkmale

Festuca-Arten sind Rispengräser. Ihre Ährchen sind gestielt und bestehen aus zwei bis meist 4 oder wenigen Blütchen; sie sind von der Seite zusammengedrückt. Die Blüten sind zwittrig und nur bei den Arten der Untergattung Hesperochloa eingeschlechtig und die Pflanzen sind diözisch.[3] Von den zwei Hüllspelzen ist die untere einnervig (selten dreinervig); die obere ist breiter und gewöhnlich dreinervig (selten fünfnervig).[3] Die Deckspelze ist am Rücken abgerundet, sie ist nicht gekielt oder in der oberen Hälfte etwas gekielt und trägt oft eine Granne an der Spitze.[3] Die Vorspelze ist zweinervig und oben abgerundet oder zweispitzig und etwa so lang wie die Deckspelze.[3] Es sind drei Staubblätter vorhanden. Die Staubbeutel treten seitlich aus den Blütchen.[3] Auch die Narben treten seitlich aus den Blütchen.[3] Die Frucht ist frei oder mit Vorspelze oder Deckspelze verwachsen.[2]

Systematik und Verbreitung

Amethyst-Schwingel (Festuca amethystina)
Bunt-Schwingel (Festuca bosniaca) am Naturstandort in Montenegro
Blau-Schwingel (Festuca cinerea)
Riesen-Schwingel (Festuca gigantea)
Borstenschwanzgras (Festuca incurva, Syn.: Psilurus incurvus), Illustration
Mäuseschwanz-Federschwingel (Festuca myuros)
Bleicher Schwingel (Festuca pallens)
Rot-Schwingel (Festuca rubra)
Brutknospen-Schwingel (Festuca vivipara)

Die Gattung Festuca wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus I, Seite 73 aufgestellt.[1]

Es gibt etwa 650[1] Arten (Auswahl):

In Europa kommen folgende Arten vor (Auswahl):

  • Alpen-Schwingel (Festuca alpina Suter): Er gedeiht in europäischen Gebirgen von den Pyrenäen über die Alpen bis zur Tatra.
  • Wald-Schwingel (Festuca altissima All.): Das weite eurasische Verbreitungsgebiet reicht von Europa über den Kaukasusraum und Zentralasien bis Sibirien. Diese Art wird von manchen Autoren auch als Drymochloa sylvatica (Poll.) Holub in die Gattung Drymochloa gestellt.[4]
  • Bewimperter Federschwingel (Festuca ambigua Le Gall, Syn.: Vulpia ciliata Dumort.): Er kommt von den Kanarischen Inseln und Nordafrika über Europa bis Zentralasien vor.[1]
  • Amethyst-Schwingel (Festuca amethystina L.): Das Verbreitungsgebiet reicht von Europa bis zur Türkei und zum Kaukasusraum.
  • Apennin-Schwingel (Festuca apennina De Not.; auch als Unterart subsp. apennina (De Not.) Hack. ex Hegi zu Festuca pratensis): Er gedeiht in den Alpen, im Apennin, auf Sizilien, Slowenien und in den Karpaten.
  • Rohr-Schwingel (Festuca arundinacea Schreb.); Verbreitungsgebiet: Europa, Türkei
  • Bunt-Schwingel Festuca bosniaca Kumm. & Sendtn.: Er ist ein amphi-adriatisches Florenelement und kommt nur in Bulgarien sowie Serbien vor.
  • Trespen-Federschwingel (Festuca bromoides L., Syn.: Vulpia bromoides (L.) Gray): Er kommt in Makaronesien, von Europa bis zum Kaukasusraum, von der Sahara bis Kenia, im südwestlichen Kamerun und auf der südwestlichen Arabischen Halbinsel vor.[1]
  • Blau-Schwingel (Festuca cinerea Vill.): Er kommt nur in Südostfrankreich sowie Nordwestitalien vor.
  • Festuca eskia Ramond ex DC.: Sie gedeiht nur in den Pyrenäen.
  • Festuca flavescens Bellardi: Sie kommt in den Südwestalpen von Frankreich und Italien vor.[1]
  • Haar-Schwingel (Festuca filiformis Pourr., Syn.: Festuca tenuifolia Sibth.): Er kommt von Europa bis zum Kaukasusraum und in Nordwestafrika vor.[1]
  • Bärenfell-Schwingel (Festuca gautieri (Hack.) K.Richt.): Er kommt nur in Südwestfrankreich sowie Nordostspanien vor.
  • Riesen-Schwingel (Festuca gigantea (L.) Vill.); Verbreitungsgebiet: Europa, Kaukasusraum, Zentralasien, Sibirien
  • Harter Schwingel (Festuca guestfalica Boenn. ex Rchb.): Er kommt in Nordwest- und in Mitteleuropa vor.[1]
  • Felsen-Schwingel (Festuca halleri All.); Verbreitungsgebiet: Alpen von Frankreich, Schweiz, Italien, Österreich und dem früheren Jugoslawien.[1]
  • Verschiedenblättriger Schwingel (Festuca heterophylla Lam.): Er kommt in Europa, in der Türkei und im Kaukasusraum vor.
  • Borstenschwanzgras (Festuca incurva (Gouan) Gutermann, Syn.: Psilurus incurvus (Gouan) Schinz & Thell., Psilurus nardoides Trin.): Es ist vom Mittelmeerraum bis Zentralasien und Pakistan verbreitet.[1]
  • Mittlerer Felsen-Schwingel (Festuca intercedens (Hack.) Lüdi ex Becherer): Verbreitungsgebiet: Alpen von Frankreich bis Slowenien, fehlt in Deutschland
  • Jura-Schwingel (Festuca jurana Gren. ex Nym., Syn.: Festuca pulchella subsp. jurana (Gren.) Markgr.-Dann.): Er gedeiht nur im Jura und in den Alpen.
  • Schlaffer Schwingel (Festuca laxa Host): Er gedeiht nur in den Südostalpen.
  • Strand-Federschwingel (Festuca maritima L., Syn.: Vulpia unilateralis (L.) Stace): Er kommt von Westeuropa und Nordafrika bis zum Himalaja vor.[1]
  • Mäuseschwanz-Federschwingel (Festuca myuros L., Syn. Vulpia myuros (L.) C.C.Gmel.): Er kommt von Europa bis Taiwan und Sri Lanka und von Makaronesien bis zur Arabischen Halbinsel und Kenia vor.[1]
  • Norischer Schwingel (Festuca norica (Hack.) K.Richt.); Verbreitungsgebiet: Ostalpen, Slowenien, Österreich, Schweiz, Deutschland, Italien
  • Schaf-Schwingel (Festuca ovina agg.): eine Artengruppe mit zahlreichen Kleinarten, beispielsweise:
  • Bleicher Schwingel (Festuca pallens Host): Er kommt in Mittel- und in Osteuropa vor.[1]
  • Festuca panciciana (Hack.) K.Richt.: Sie gedeiht nur von der nördlichen bis zentralen Balkanhalbinsel.[2]
  • Gold-Schwingel (Festuca paniculata (L.) Schinz & Thell.); Verbreitungsgebiet: Europa, Nordafrika. Er wird von manchen Autoren auch als Patzkea paniculata (L.) G.H.Loos in die Gattung Patzkea gestellt.[1]
  • Festuca polita (Halácsy) Tzvelev var. cretica Markgr.-Dann.: Dieser Endemit kommt nur auf Kreta vor.
  • Wiesen-Schwingel (Festuca pratensis Huds.): Er ist in Eurasien weitverbreitet.
  • Dunkelvioletter Schwingel oder Schwärzlicher Schwingel (Festuca puccinellii Parl., Syn.: Festuca nigricans (Hack.) K.Richt.); Verbreitungsgebiet: Alpen, Apennin, Jura
  • Schöner Schwingel (Festuca pulchella Schrad.): Er gedeiht in den Alpen sowie im Jura.
  • Niedriger Schwingel (Festuca quadriflora Honck., Syn.: Festuca pumila Vill.): Er gedeiht in den Pyrenäen, Alpen sowie Jura.
  • Ritschls Schwingel (Festuca ritschlii (Spribille) Patzke & G.H.Loos, Syn.: Festuca amethystina subsp. ritschlii (Spribille) Lemke ex Markgr.-Dann.): Verbreitungsgebiet: Bayern, Tschechien, Slowakei, Polen. Wird von manchen Autoren aber auch nur als Synonym zu Festuca amethystina L. gestellt[1].
  • Rot-Schwingel (Festuca rubra agg.), eine Artengruppe mit mehreren Kleinarten, beispielsweise:
  • Gämsen-Schwingel (Festuca rupicaprina (Hack.) Kern.): Er gedeiht in den Zentralalpen und Ostalpen in Deutschland, der Schweiz, Österreich und im früheren Jugoslawien.[1]
  • Festuca scabriculmis (Hack.) K.Richt.: Sie kommt in den Südalpen von Frankreich, der Schweiz und Italien vor.[1]
  • Walliser Schwingel (Festuca valesiaca Schleich. ex Gaud.): Er kommt von Mitteleuropa bis zum Iran und bis Ostasien vor.[1][3]
  • Bunter Schwingel (Festuca varia Haenke): Er kommt von den Gebirgen Europas bis zum Kaukasus vor.[1]
  • Brutknospen-Schwingel (Festuca vivipara (L.) Sm.): Er ist von Nordeuropa über Sibirien sowie Grönland bis Nordamerika verbreitet.
  • Violett-Schwingel (Festuca violacea Schleicher ex Gaudin): Er kommt in vier Unterarten in Mittel- und Südosteuropa vor.[1]

Manche Autoren stellen beispielsweise die folgenden Arten nicht zu Festuca, sondern zu Lolium:[1]

  • Festuca arundinacea Schreb. => Lolium arundinaceum (Schreb.) Darbysh.
  • Festuca gigantea (L.) Vill. => Lolium giganteum (L.) Darbysh.
  • Festuca mazzettiana E.B.Alexeev => Lolium mazzettianum (E.B.Alexeev) Darbysh.
  • Festuca pratensis Huds. => Lolium pratense (Huds.) Darbysh.

Nutzung

Am bekanntesten ist der Rot-Schwingel (Festuca rubra), da er in vielen Rasenmischungen vorkommt. Aufgrund seines sehr feinen Blattes und des dichten Wuchses eignet sich der Rot-Schwingel für anspruchsvolle Rasenflächen. In Landschaftsrasenmischungen findet Festuca ovina als trockenheitsverträgliche Art Verwendung.

Als Ziergräser werden weitere Arten in Staudenpflanzungen verwendet. Als niedrige Horstgräser nutzt man Festuca glauca und Festuca ovina, als polsterförmig wachsende Art Festuca scoparia und als hohes Horstgras Festuca mairei.

Literatur

  • Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Unsere Gräser. Süßgräser, Sauergräser, Binsen. 11. Auflage. Kosmos, Stuttgart 1998, ISBN 3-440-07613-X. 
  • Ernst Klapp (Begr.), Peter Boeker: Taschenbuch der Gräser. 11., überarb. Auflage. Paul Parey, Berlin/Hamburg 1983, ISBN 3-489-60810-0.
  • Walter Erhardt, Erich Götz, Nils Bödeker, Siegmund Seybold: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Arten und Sorten. Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7, S. 1415–1417. (Deutschsprachige Trivialnamen)
  • Hans Joachim Conert: Festuca. Hans Joachim Conert (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Begründet von Gustav Hegi. 3., völlig neubearbeitete Auflage. Band I, Teil 3: Spermatophyta: Angiospermae: Monocotyledones 1(2). Poaceae (Echte Gräser oder Süßgräser). Parey Buchverlag, Berlin 1998, ISBN 3-8263-2868-X, S. 530–633 (erschienen in Lieferungen 1979–1998 – 7. und 8./9. Lieferung, 1994 und 1996). 
  • Ingeborg Markgraf-Dannenberg: Festuca L., Seite 125–153. In: Thomas Gaskell Tutin et al.: Flora Europaea. Band 5, Cambridge University Press 1980, ISBN 0-521-20108-X.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u Datenblatt Festuca bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  2. a b c I. Markgraf-Dannenberg: Festuca L. S. 125–153. In: Thomas Gaskell Tutin et al.: Flora Europaea. Band 5: Alismataceae to Orchidaceae (Monocotyledones)., Cambridge University Press, 1980, ISBN 0-521-20108-X. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  3. a b c d e f g h i j Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. Seite 533–633. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1996. ISBN 3-489-52020-3.
  4. B.Valdés, H.Scholz; with contributions from E. von Raab-Straube & G.Parolly (2009+): Poaceae (pro parte majore). Datenblatt Drymochloa sylvatica In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.

Weblinks

Commons: Schwingel (Festuca) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien